Das Empathie-Problem

„Hat die CDU ein Rhetorik-Problem?“, hat die FAZ einen Artikel überschrieben, in dem es um die Aussage von Außenminister Wadephul bei einem Besuch in einem zerstörten Vorort von Damaskus geht: „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben.“

Das sieht Stephan Mayer von der CSU in der Sendung von Sandra Maischberger anders. Er hat ein anderes Stadtbild Kopf und sagt: „Würden Sie einer jungen Frau empfehlen, allein ab 22 Uhr in die Berliner S-Bahn zu steigen?“

Mit Britta Haßelmann würde ich sagen: Er hat kein Rhetorik-Problem, er hat ein Empathie-Problem!

„Von der Menschlichkeit in finsteren Zeiten…“

Geschichte wiederholt sich nicht, aber man kann aus ihr lernen. In dem berühmten Interview mit Günter Gaus erklärte Hannah Arendt 1964, wie es zur Machtergreifung 1933 kommen konnte.

Nicht die Machtergreifung der Nationalsozialisten war der entscheide Moment, so Hannah Arendt, sondern die politische Debatte, die dazu geführt hatte. Diese Debatte vollzog sich in den Jahren zuvor im öffentlichen Raum und war eine Art Inszenierung, in der die Jüdinnen und Juden als allgemeine Gefahr dargestellt wurden. Die Erzählung dieser Inszenierung begann den Hintergrund für die Lebensinteressen „der Deutschen“ zu bilden und den öffentliche Raum zu bestimmen.

Wenn der „Wert“ des Menschen vom Markt reguliert wird…

Das „Stadtbild“ von Friedrich Merz kommt ohne die Idee vom Sozialstaat aus: „Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar,“ hatte Friedrich Merz erklärt — und dann das Bürgergeld ins Visier genommen. Und damit auch die, die nicht ins Stadtbild passen und die „wir“ uns „volkswirtschaftlich“ nicht mehr leisten können.

„Angst essen Seele auf!“

Friedrich Merz hat seine Aussage zum Stadtbild präzisiert: „Das Problem gibt es spätestens mit Einbruch der Dunkelheit“. Das kann man auch „Aufmerksamkeitsökonomie“ nennen: ein Spiel mit den Ängsten.

Klar! Meine Frau geht nach Einbruch der Dunkelheit auch nicht mehr auf den Dachboden, auch wenn da niemand ist. Sie hat einfach Angst vor der Dunkelheit.

Ich habe was gegen Rassisten!

Unter meinem letzten Post über „das Stadtbild“ von Friedrich Merz fand ich Kommentare wie diesen: „Sie möchten bestimmt sichere Städte, Peter Sinapius. Gruppen von herumlungernden jungen Männern tragen nicht zum Sicherheitsgefühl bei. Bevor Sie Ihrem Kanzler dieses oder jenes unterstellen, sollten Sie versuchen, seine Intention zu verstehen.“

Gut, das will ich versuchen und lande im Jahr 2000.

Merz ist vor allem eins: Eingebildet!

Wenn Merz ein Problem mit dem Stadtbild hat, ist nicht das Stadtbild das Problem, sondern sein Bild von der Stadt. Vielleicht stellt er sich sauber gestrichenen Fassaden, penibel gestutzte Hecken, frisch gemähte Rasenflächen und akkurat gezogene Seitenscheitel vor — ich weiß es nicht.

Er hat eine Vorstellung davon, wie eine „deutsche“ Stadt auszusehen hat und verpackt diese Vorstellung im Plural: „Wir haben im Stadtbild eben noch dieses Problem…!“ Nein! Er hat ein Problem! Ich nicht!

Es brennt!

„Das Thema ‚Brandmauer‘ ist für mich ein Fremdwort“, sagt CDU-Kämmerer Marek Wöller-Beetz, bevor er mit Unterstützung der AfD zum Bürgermeister von Prenzlau (Uckermark) gewählt wird. Der AfD-Landtagsabgeordnete Felix Teichner erklärt, man habe sich nach der Kommunalwahl zusammengesetzt, und „gewisse Sachen untereinander ausgelotet“. Anders als in anderen Kommunen sei die AfD in Prenzlau nicht ausgegrenzt worden.

Na prima! Die CDU setzt sich mit einer Partei zusammen, die als gesichert rechtsextremistisch gilt, und lotet mit ihr „gewisse Sachen“ aus.

Frage an Markus Söder: Warum heisst der Leberkäse „Leberkäse“, wenn gar kein Käse drin ist? Sagen Sie jetzt nicht: „Ist mir doch Wurst!“

„Die Sprachpolizei steht rechts“. So titelte die TAZ vor einem Monat über den Antrag des Agrarausschusses des EU-Parlaments für ein Verbot von Bezeichnungen wie „Burger“, „Schnitzel“ oder „Wurst“ für pflanzliche Lebensmittel. Jetzt ist der Antrag vom EU-Parlament beschlossen worden.

Das Ganze hat System, wie man bereits im Bundestagswahlkampf beobachten konnte. Zuerst wurden die Grünen von AfD und Union systematisch zu einer „Verbotspartei“ gemacht, die Fleischkonsum verbieten will. Jetzt drehen sie den „Spieß“ einfach um. Und verbieten Worte.

USA: Vorbereitung auf den Krieg

Interessantes Foto. 800 überwiegend glatzköpfige US-Generäle und Admirale, die Trump von Stützpunkten aus aller Welt zur Marine Corps University in Quantico im Bundesstaat Virginia beordert hatte. Ich hab nichts gegen Männer mit Glatze. Ein Problem wird es nur, wenn dadrunter auch nichts ist.

Es war befürchtet worden, dass Trump sie auffordert, statt auf die Verfassung einen Eid auf seine Person zu schwören — vergleichbar mit dem „Führereid“, den die deutschen Soldaten nach 1935 ablegen mussten. Soweit ist es nicht gekommen.

Bin ich ein Terrorist?

Ich bin ein bißchen durcheinander: Wer ist eigentlich ein Faschist? Wer ist ein Extremist oder Terrorist? Naja, könnte man denken: Ein Faschist ist halt jemand, der faschistische Überzeugungen vertritt, ein Extremist vertritt extremistische und ein Terrorist verbreitet Terror.

Jetzt wird die Antifa in den USA und nachfolgend wahrscheinlich auch in Ungarn und in den Niederlanden zur Terrororganisation erklärt.

Das Absurde ist, dass eine Bewegung als terroristisch und demokratiefeindlich eingestuft wird, die gegen staatlichen Terror kämpft und die Demokratie verteidigen will.