Ich hatte unter dem Titel: „Wofür es sich lohnen würde, zu arbeiten“ einen Beitrag veröffentlicht, der gegen die Appelle von Merz und Linnemann Stellung bezog, die Deutschen sollten doch bitte mehr arbeiten.
Natürlich gibt es dann Leute, die mich dann als „linken Spinner“ abtun. Damit habe ich überhaupt keine Probleme. Dann aber kam ein Kommentar, der mich persönlich anging:
„Wovon leben Sie, die Sie hier so überheblich daherreden, eigentlich? Naja, linke Taktierer, ständig den eigenen Vorteil im Blick, fragen nie, woher das Geld stammt, das sie großzügig verprassen, her kommt…“
Nun weiß der Herr nichts über mich. Ich bin Akademiker und bildender Künstler und das muss vermutlich ausreichen, um ein solches Urteil zu fällen.
Vor 35 Jahren habe ich den Roman von Émile Zola „Germinal“ gelesen. Weil mich das Schicksal der Bergarbeiter nicht losgelassen hatte, bin ich dann ins Ruhrgebiet gefahren in eine Bergarbeitersiedlung und habe dort Bergarbeiter kennengelernt, die unter Tage hart gearbeitet haben.
Die haben mich mitgenommen und ich habe unter Tage unzählige Zeichnungen machen dürfen, um etwas von dem zu sehen und festzuhalten, was dort passiert.
Diese Erfahrungen haben nicht unwesentlich dazu beigetragen, was ich denke, wenn jemand wie Friedrich Merz sagt: „Arbeit ist doch nicht eine mehr oder weniger unangenehme Unterbrechung unserer Freizeit.“
Ich empfinde diese Aussage als herablassend gegenüber denjenigen, die arbeiten. Schon deswegen, weil Arbeit nicht frei macht — aber erfüllend sein kann. Das nehme ich nicht nur für jene Bergarbeiter, sondern auch für mich selbst in Anspruch.
Ich habe geschundene Bergarbeiter gesehen. Aber auch solche, die für sich und ihre Arbeit einstanden. Die stolz waren auf das, was sie taten. Das sie mir deswegen zeigen wollten.
Das werde ich nie vergessen.
Unter „Kohle fördern“ versteht Friedrich Merz eben was anderes.
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