Gestern habe ich die „RosebuschVerlassenschaften“ besucht. Das ist ein Kunstprojekt in der Turbinenhalle eines ehemaligen E-Werks in Hannover, in dem tonnenweise industrielle Güter der früheren Conti-Werke zusammengetragen worden sind: Eisenteile, Gummischläuche, -reifen und -matten, Gitterwagen und Regale, Riemen, Taue, Schuhe, Matallpritschen…
Anonyme industrielle Massengüter, die nicht mehr gebraucht werden und die jetzt 3.000 Quadratmeter einer alten Turbinenhalle anfüllen. Von denjenigen, die diese Produkte hergestellt hatten oder auf jenen Metallpritschen gelegen haben, sieht man nichts — als würde der einzelne Mensch hinter der Zwangsarbeit und dem industriell organisiertem Massenmord unsichtbar werden. Verlassen.
Ich sehe, wie Menschen buchstäblich „verschwinden“. Hinter dem, was der Nationalsozialismus hervorgebracht hat. Stanislav Zámečník nannte das ein „bürokratisches System der Grausamkeit“.
Und was machen wir mit dieser Geschichte? Wir „bewältigen“ sie? Die „RosebuschVerlassenschaften“ vergegenwärtigen sie. Das aber ist etwas ganz anderes.
Geschichte ist nicht abschließbar. Die Vorstellung, man könne sie bewältigen, damit sie der Vergangenheit angehört, gleicht dem Versuch, begangenes Unrecht in ein irgendwie geartetes Recht zu überführen oder das Unbegreifliche begreiflich zu machen. Die Rechtsextremen nennen das „das Ende der Schuld- und Schamkultur“.
Hannah Arendt hat die Vergangenheit dagegen als etwas betrachtet, das wir nicht zum Abschluss bringen können. Sie hat gesagt:
„Bewältigen können wir die Vergangenheit so wenig, wie wir sie ungeschehen machen können. Wir können uns aber mit ihr abfinden. Die Form, in der das geschieht, ist die Klage, die aus aller Erinnerung steigt […]. Die tragische Erschütterung der wiederholenden Klage betrifft eines der Grundelemente allen Handelns; sie legt seinen Sinn und die in die Geschichte eingehende, bleibende Bedeutung fest.“