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Peter Sinapius

Es gibt keine Fußballspiele mit Migrationshintergrund.

Irgendjemand hat mich dank meines Priratentuches, mit dem ich mich vor der Sonne schütze, als Pirat bezeichnet. Das bin ich aber nicht. Ich biete lediglich die Projektionsfläche für die Klischees anderer Leute.

Das war auch mit dem Tweet von Katrin Göring-Eckhardt über die deutsche Nationalmannschaft so. Der löste einen Shitstorm aus, nachdem sie getwittert hatte: „Diese Mannschaft ist wirklich großartig. Stellt euch kurz vor, da wären nur weiße deutsche Spieler!“ Es wurde ihr u.a. weißer Rassismus vorgeworfen. Ihr Tweet war aber lediglich die Projektionsfläche für die Phantasien anderer Leute.

Wenn ich mir vorstelle, in der deutschen Nationalelf wären nur weiße Spieler, wäre die Nationalmannschaft um 35% ihrer Spieler ärmer: um die Spieler mit Migrationshintergrund. Dieses Szenario würde nicht die reale Situation in der Nationalmannschaft oder in Deutschland abbilden, wohl aber die Deportationsphantasien von Rechtsextremisten.

Offenbar eignet sich ein Tweet als Auslöser komplementärer politischer Positionen. Dafür ist nicht der Tweet verantwortlich, sondern diejenigen, die ihn aus unterschiedlichen politischen Perspektiven lesen. Wenn ich sage: „Stellt euch kurz vor, der Nationaltrainer heißt Bernd H*cke!“ (eigentlich unvorstellbar) oder: „Stellt euch kurz vor, im Tor steht Olaf Scholz!“ schaffe ich für unterschiedliche Perspektiven eine Projektionsfläche. Je nachdem, welchen politischen Standpunkt diejenigen vertreten, die das lesen, werden unterschiedliche Klischees oder Positionen mobilisiert.

Auf den Tweet von Göring-Eckhardt haben sich auch diejenigen zu Wort gemeldet, die unbemerkt ihre eigenen rassischen Phantasien platzieren wollten. Mit dem Vorwurf vom „weißem Rassismus“ haben sie sich zum Opfer stilisiert. Sie haben damit ein Konstrukt der Neuen Rechten in Umlauf gebracht, das aus Tätern Opfer macht.

Ich versuche mir vorzustellen, die Spieler mit Migrationshintergrund würden sagen: „Dann macht doch euren Mist alleine!“ Dann aber merke ich: Im Fußball geht es überhaupt nicht um den Migrationshintergrund. Es geht um eine besondere Form menschlicher Kommunikation. Im Fußballspiel werden menschliche Praktiken anschaulich, durch die Menschen selbstbestimmt und frei zueinander in Beziehung treten können. Dafür gibt es Spielregeln, für deren Einhaltung ein unparteiischer Schiedsrichter sorgt.

Wer sich nicht an die Spielregeln halten will, der wird vom Spiel ausgeschlossen und kriegt die rote Karte.

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