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Peter Sinapius

Söder im Pelzrock

Söders Lieblingsbild ist das „Selbstbildnis im Pelzrock“ von Dürer. Wahrscheinlich hat Söder deswegen jetzt auch einen Bart. Ich stelle mir „Söder im Pelzrock“ vor, der Dürer zitiert: „Was alle Welt für recht schätzt, das halten wir für recht.“

So spricht er nicht? Im Vorfeld des CSU-Parteitages hat er der Augsburger Allgemeinen ein Interview gegeben. Er inszeniert sich als Volkstribun. Und das geht in drei Schritten:

  1. Schritt: Er spricht nicht für sich, sondern für „die Mehrheit“. Das funktioniert mit einer polarisierenden Rhetorik: „Wir“ gegen „Die“.

Wie geht das? Ich stell mir das so vor: Ich sitze im Wohnzimmer auf dem Sofa und habe die Augsburger Allgemeine in der Hand. Ich lese das Interview. Er sagt: „Die unkontrollierte Zuwanderung hat auch eine Wunde in die Seele vieler Deutschen geschlagen.“ Oha! Sozusagen eine kollektive Wunde. Ich guck auf von meiner Zeitung und denke mir: „Bis eben ging’s mir noch gut!“

Ich lese weiter und der unverschämte Reporter sagt: „Das klingt schon sehr nach AfD.“ Nee, der traut sich ja was! Und was sagt der Söder dazu: „Das weise ich massiv zurück. So reden nur Grüne.“ Natürlich, die schon wieder! Und weiter: „Wenn Sie das unterstellen, verletzen Sie die Gefühle von Millionen Bürgern aus der Mitte.“ Ja. Jetzt merke ich’s auch. So kann man doch nicht mit meinen Gefühlen umgehen! Ich lese weiter.

  1. Schritt: Er muss plausibel machen, dass er nur das sagt, was die Mehrheit denkt. Das funktioniert durch Verallgemeinerungen.

„Unser Land ist finanziell und kulturell überfordert“, sagt er. Aha! Jetzt wo er’s sagt! Und woran merk ich das? „Viele fühlen sich in ihren Stadtteilen nicht mehr richtig daheim“, in manchen Klassenzimmern werde „kaum noch Deutsch gesprochen“. Ja, sprechen die jetzt alle bayrisch?

Nein, so war das nicht gemeint! Was meint er? Er verallgemeinert: „Unser Land“, „Viele fühlen“ und in „manchen Klassenzimmern“. Und da sitze ich im Wohnzimmer auf dem Sofa und plötzlich merke ich, dass ich nicht mehr richtig daheim bin. Ich hatte ja schon immer so eine Ahnung: Mein Müll wird von Ausländern abgefahren, der Briefkasten vor meiner Tür von einem Afrikaner geleert und wenn es dunkel wird, trau ich mich nicht mehr auf die Straße. Und was kann man da machen?

  1. Schritt: Söder kennt die einzige Lösung des konstruierten und emotional erzeugten Problems.

Klar! Grenzen dicht und abschieben, sagt er. Am Besten die Grünen gleich mit. „Wir brauchen eine Migrationswende. Dazu gehört auch eine Änderung des Asylrechts. Wir sollten selber entscheiden können, wer ins Land kommt.“ Klar! „Wir“ entscheiden! Nicht die Grünen. Und warum nochmal?

Weiß ich jetzt auch nicht! Aber „was alle Welt für recht schätzt, das halten wir für recht.“

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