Gestern. Scholz im ZDF-Sommerinterview. Stürzt mich in tiefe Ahnungslosigkeit. Daraus erwache ich erst wieder am späten Abend, als ich über ein 50 Jahre altes Zitat von Walter Scheel stolpere:
„Es macht nicht den verantwortungsbewussten Politiker aus, Meinungsforschung zu treiben, um zu wissen, was populär ist, was ankommt, und dann das Populäre zu vertreten. Die Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen.”
Irgendwie leuchtet mir das sofort ein. Ich rufe mir das ZDF-Sommerinterview ins Gedächtnis: Was war nun das Richtige für Scholz? Es war das Populäre. Das, was Carsten Linnemann vor ein paar Wochen mit den drei dürftigen Worten zusammenfasste: „Migration, Migration, Migration“.
Bei Scholz hört sich das so an: „Ich habe die größte Wende im Umgang mit Migration zustande gebracht in der Geschichte der letzten zehn, zwanzig Jahre“ und dabei bezieht er sich auf Leistungskürzungen für Asylbewerber, stationäre Grenzkontrollen und die Ausweitung des Abschiebegewahrsams.
Na prima! Gibt es tatsächlich keine anderen Themen, wie beispielsweise: Wie können die Klimaziele erreicht werden? Woher kriegen wir genügend Lehrer und Erzieher? Wie können wir Integrationsangebote für Geflüchtete schaffen? Wie kann Wohnraum wieder bezahlbar werden? Wie können wir unsere Demokratie vor Rechtsextremisten schützen? …
Ich erinnere mich nicht, dass Scholz davon gesprochen hat. Ich erinnere mich nur noch an die größte Wende im Umgang mit Migration. Politik ist aber doch kein Überbietungswettbewerb für Themen, die auf der Agenda der Rechtsextremisten stehen!
Ich werde vermutlich nie wissen, wie es ist, Olaf Scholz zu sein — ebensowenig wie ich weiß, wie es ist, eine Fledermaus zu sein oder was mein Hund denkt. Ist mir eigentlich auch egal — wenn er nur das Richtige tun und populär machen würde.
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