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Peter Sinapius

Zeichen des Widerstands

Heute, am Gedenktag für die Opfer des Holocaust, gedenke ich auch meines Großvaters Hans Buttersack. Er starb am 13. Februar 1945 im Alter von 65 Jahren im Konzentrationslager Dachau an Fleckfieber, einer Krankheit, die von Läusen übertragen wird und sich unter mangelhaften hygienischen Bedingungen epidemisch ausbreiten kann. Die haben in dem völlig überfüllten Lager geherrscht und dort täglich bis zu 150 Häftlingen das Leben gekostet.

Als Vertreter des Kirchenvorstands der Bergkirche in Wiesbaden hatte sich mein Großvater dem Versuch der Nationalsozialisten widersetzt, im Zuge der „Entjudung“ der christlichen Religion alles aus dem Evangelium zu entfernen, was jüdischen Ursprungs war. Er kämpfte für den Bestand des Alten Testaments, das in den Glaubensbekenntnissen von Jüdinnen und Christinnen gleichermaßen verankert ist – gewissermaßen eine Achillesferse in einer rassistisch und antisemitisch ausgerichteten Kirchenverfassung.

Er kritisierte öffentlich die rassistische Kirchenpolitik der Nationalsozialisten, die für eine „Religion des Blutes“ eintraten. Er kämpfte für eine demokratische Kirchenverfassung und trieb die Gründung einer Gemeinde der Bekennenden Kirche in Wiesbaden voran, der binnen kurzer Zeit mehrere Tausend Wiesbadener Christ*innen beitraten. Nachdem die Kirchenleitung verboten hatte, über die Opferung Isaaks aus dem Alten Testament zu predigen, rief mein Großvater in einem Rundschreiben alle Gemeindemitglieder der Wiesbadener Bergkirche auf, „für die Freiheit der Verkündigung des Evangeliums zu kämpfen“.

In seiner anwaltlichen Praxis als Notar und Rechtsanwalt hatte mein Großvater das Mandat für verfolgte Jüdinnen und Juden übernommen, um ihr Vermögen vor dem staatlichen Zugriff zu schützen. Er nutzte jede Gelegenheit, um sich solidarisch mit ihnen zu zeigen und kritisierte öffentlich die Rassengesetze. Dabei war es bereits ein Zeichen des Widerstands, ihnen öffentlich einen Strauß Blumen zu überreichen oder ihnen Zuflucht in der Kirchengemeinde zu gewähren.

Er wurde von der Gestapo abgehört und bespitzelt und geriet mehrfach in Haft, bis er schließlich am 6. Mai 1943 erneut festgenommen und nach dreiwöchiger Gefängnishaft in das Konzentrationslager Dachau gebracht wurde. Der zentrale Vorwurf, der ihm gemacht wurde, war die öffentliche Äußerung: „Christus gehört nicht in das Dritte Reich“.

Im April 1945 begann die Räumung des Konzentrationslagers durch die SS und die Gefangenen wurden auf „Todesmärschen“ Richtung Süden getrieben. Tausende Gefangene kamen bei diesen Märschen wegen Krankheit, Unterernährung oder Schwäche ums Leben oder wurden von der SS erschossen, wenn sie marschunfähig waren. Der Leichnam meines Großvaters war zu diesem Zeitpunkt bereits unter nicht bekannten Umständen in einem Massengrab vergraben worden.



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