Aus Anlass des internationalen Gedenktags an die Opfer des Holocaust möchte ich hier an die Geschichte von Martha Hoff und meinem Großvater Hans Buttersack erinnern.
Martha Hoff war jüdischer Abstammung. Weil ihre Eltern Juden waren, galt sie als „Vollblutjüdin“. Im Alter von 21 Jahren hatte sie beschlossen, zum christlichen Glauben zu konvertieren und sich christlich taufen zu lassen. Sie heiratete den Pfarrer Hans Hoff, in dessen Gemeinde sie Orgel spielte und Chöre leitete. Nach seiner Pensionierung zog sie 1933 mit ihm nach Wiesbaden und schloss sich der Bergkirchengemeinde an, in der sie auch meinen Großvater kennenlernte.
Sechs Jahre, nachdem sie nach Wiesbaden gezogen waren, starb Hans Hoff. Martha Hoff lebte von der Pension, die er hinterließ. Sie wurde von den Pfarrern der Bergkirchengemeinde unterstützt, die sich damit gegen die Politik der rassistischen Diskriminierung wandten und sie als Sekretärin beschäftigten.
Mein Großvater hatte Martha Hoff rechtsanwaltlich vertreten und war dabei, so hieß es in einem Bericht der Generalstaatsanwalt an den Reichsminister des Inneren, „in Verkennung seiner Pflichten davon ausgegangen, daß er bei der Beurkundung von Verträgen für Juden den gleichen Maßstab anzulegen habe, wie bei Ariern“.
Martha Hoff geriet in das Visier der kirchlichen Finanzbehörden. Ihr wurde vorgeworfen, dass sie nicht den Judenstern getragen und einen Brief an die Kirchenbehörde anstatt mit „Sara Hoff“ mit ihrem tatsächlichen Namen „Martha Hoff“ und „Mit deutschem Gruße“ unterschrieben hatte.
Am 16. April 1942 musste Martha Hoff, vermutlich aus Anlass einer staatlich verfügten Einweisung, in eines der Wiesbadener „Judenhäuser“ ziehen, in denen Jüdinnen und Juden gettoisiert wurden. Am 23. Mai 1942 wurde sie, in einer der drei letzten großen Deportationswellen, öffentlich zur Viehverladerampe des Wiesbadener Schlachthofs getrieben. Am 10. Juni 1942 verliert sich ihre Spur. Sie wurde wahrscheinlich im Konzentrationslager Sobibor vergast.
Am 6. Mai 1943 wurde mein Großvater festgenommen und nach dreiwöchiger Gefängnishaft in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Am 13. Februar 1945 starb er dort an den Folgen einer Flecktyphus-Erkrankung. Sein Leichnam wurde unter nicht bekannten Umständen in einem Massengrab verscharrt.