Merz leistet sich ein Privatjet. Das ist ein Statement.
„Leistung muss sich wieder lohnen!“, ist ein Mantra, das von der FDP über CDU/CSU bis zur AfD landauf, landab verkündet wird. Ebenso wie in der Asylpolitik zeichnet sich hier eine argumentative Schnittmenge zwischen bürgerlichen und rechtsextremen Positionen ab — und damit eine Diskursverschiebung nach rechts. Die AfD fordert, dass sich Leistung wieder lohnen müsse, Merz schlägt für die CDU in die gleiche Kerbe und für die FDP ist Leistung sowieso Voraussetzung einer liberalen Wirtschaftsordnung.
Die Argumentation, dass sich Leistung wieder lohnen müsse wird dabei die gleiche Selbstverständlichkeit eingeräumt, wie die Tatsache, dass die Sonne am Himmel steht oder eine Stunde 60 Minuten hat. Ihr Hintergrund sind aber wahlweise preußische Tugenden wie Pflichterfüllung, Fleiß und Ordnung oder die Grundsätze einer bürgerlichen Leistungsgesellschaft, die individuellen Wohlstand an individueller Leistungsfähigkeit mißt.
Oder, um es mir den Worten des Soziologen Hartmut Rosa zu sagen: „Moderne Gesellschaften sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich nur dynamisch zu stabilisieren vermögen, das heißt, dass sie fortwährend auf Wachstum, Beschleunigung und Innovationsverdichtung angewiesen sind, um ihre Struktur bzw. den Status Quo zu erhalten. Dieser Steigerungszwang hat Folgen für die Lebensweise, die Lebensorientierung und die Lebenserfahrung der Subjekte.“
Die Dynamik moderner Gesellschaften wird mit dem Satz: „Leistung muss sich wieder lohnen“ auf eine moralische Ebene transponiert, so dass er sich zur Diskrimierung und Herabsetzung gesellschaftlicher Gruppen eignet. Genau das passiert, wenn Merz im Interview sagt: „Wir reden über die 1,7 Millionen arbeitsfähigen Menschen in Deutschland, die arbeiten könnten, aber sich ausrechnen, dass es sich eigentlich gar nicht lohnt, wenn man Bürgergeld bezieht. Und an dieser Stelle, sagen wir: Das müssen wir ändern.“
Abgesehen davon, dass sachlich nicht stimmt, was Merz hier behauptet, könnte man ja auch überlegen, den Mindestlohn für die 5,4 Millionen Menschen, die ihn beziehen — und das sind vorwiegend Frauen — anzuheben. Bei der Abstimmung darüber hat sich die CDU/CSU allerdings enthalten.
Bleiben also noch jene „Randgruppen“ der Gesellschaft, die ins Visier genommen werden können: Kranke, Behinderte, Versehrte, traumatisierte oder sozial benachteiligte Menschen, Schulabbrecher, Kriminelle, Ausländer oder — Bürgergeldempfänger..
Und die hat die AfD im Visier, indem sie den Vorschlag von Merz dann konsequent zu Ende führt und verlangt, Bürgergeldempfänger nach einer Karenzzeit von sechs Monaten für ‘Bürgerarbeit’ mit fünfzehn Wochenstunden zu verpflichten.
Und dann hätten wir das, was das Grundgesetz verbietet: Zwangsarbeit.