Das „Stadtbild“ von Friedrich Merz kommt ohne die Idee vom Sozialstaat aus: „Der Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, ist mit dem, was wir volkswirtschaftlich leisten, nicht mehr finanzierbar,“ hatte Friedrich Merz erklärt — und dann das Bürgergeld ins Visier genommen. Und damit auch die, die nicht ins Stadtbild passen und die „wir“ uns „volkswirtschaftlich“ nicht mehr leisten können.
Heiner Geißler, der ehemalige Generalsekretär der CDU, hatte 2014 darauf eine radikale Antwort, die in genau die entgegengesetzte Richtung zielte: „Es wird immer gesagt, es gäbe kein Geld, das Geld sei knapp. Das ist eine absolute Lüge.“ Dabei hatte er die Sicherung des Sozialsystems im Blick und sah die Ressourcen bei denen, die Geld haben und es vermehren: „Es gibt Geld wie Dreck auf dieser Erde. Es haben nur die falschen Leute…“.
Wenn das jemand Friedrich Merz heute ins Gesicht sagen würde, würde er ihn wahrscheinlich als „linken Spinner“ bezeichnen und entgegnen: „Links ist vorbei. Es gibt keine linke Mehrheit und keine linke Politik mehr in Deutschland“.
Es war aber kein linker Spinner, der das gesagt hat. Es war sein Parteifreund Heiner Geißler! Was der gesagt hat, ist in der Union inzwischen aber nicht mehr diskursfähig. Diejenigen, die das Geld haben und am Stadtrand ihre Villen bauen, tauchen in dem von Merz entworfenen Stadtbild gar nicht auf! Er zielt auf diejenigen, die sozial bedürftig sind.
Zur Erinnerung: In Deutschland leben die weltweit meisten Milliardäre pro Einwohner. Sie besitzen mehr als dreimal soviel wie etwa 50 Prozent der Deutschen am unteren Ende der Einkommensskala, nämlich knapp 41 Millionen Menschen.
Im neuesten Spiegel erklärt die Harvard-Professorin Michèle Lamont, wie das zusammenpasst: „Der Neoliberalismus hat ein strukturelles Verständnis der Wirtschaft durch eine sehr reduzierte Sichtweise ersetzt. Märkte werden zunehmend als gerechte Schiedsrichter gesehen. Sie legen nicht nur den Wert von Firmen fest und den Preis von Gütern, sondern auch, was als Wert eines Menschen angemessen erscheint.“