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Peter Sinapius

„Der Blick von Nirgendwo“

„Dem Klimawandel positiv begegnen“, so sind die programmatischen Ergüsse der A*D über den Klimawandel überschrieben. Bereits dieser Satz ist geeignet, die Wirklichkeit auf den Kopf zu stellen, weil er objektive Tatbestände zum Gegenstand subjektiver Auslegung macht. Wie aber verhalten sich subjektive Erfahrungen und objektive Tatbestände?

Ich bin kein Klimaforscher. Ich finde es angenehm, wenn die Sonne scheint. Das ist eine subjektive Erfahrung, die mir allerdings über die globale Erwärmung der Erde keine Schlüsse erlaubt. Vom Klimawandel habe ich gelesen. Warum, so fragt sich die A*D, soll der aber bedrohlich sein, wenn ich doch gerne in der warmen Sonne sitze?

„Der Blick von nirgendwo“ ist der Titel eines Buches, das Thomas Nagel 1986 geschrieben hat. Darin beschäftigt er sich mit der Frage, wie es möglich ist, von der eigenen, subjektiven Perspektive abzusehen um die Welt objektiv erfassen zu können. Die Lektüre des Buches lohnt sich nicht nur, um etwas über die Dialektik von Subjektivität und Objektivität in Erfahrung zu bringen, sondern auch, um zu verstehen, wie rechtsextreme Propaganda funktioniert.

Rechtsextremisten arbeiten mit dem, was auf den ersten Blick plausibel erscheint:

Goethe hat das so formuliert: „Wer die Menschen betrügen will, muss vor allen Dingen das Absurde plausibel machen“. Wenn die A*D in ihrem Programm schreibt: „Der Anstieg der Konzentration von CO2 in der Atmosphäre hat in den letzten Jahrzehnten zu einem Ergrünen der Erde beigetragen“, so erscheint das plausibel, wenn ich auf meinen Balkon schaue, auf dem die Pflanzen in Blüte stehen. Es ist absurd, wenn ich wissenschaftliche Erkenntnisse über den Klimawandel zur Kenntnis nehme.

Vermischung von subjektiven Erfahrungen und objektiven Erkenntnissen:

Physikalische Größen wie CO2 sind sind von subjektiven Wahrnehmungen unabhängige Größen. Sie sollen objektiv Sachverhalte aufklären, die messbar, aber nicht wie das Ergrünen von Pflanzen der subjektiven Wahrnehmung zugänglich sind. Ich sehe kein CO2, wenn ich meinen Pflanzen auf dem Balkon beim Wachsen zusehe.

Zuschreibungen:

„Die Menschheitsgeschichte belegt, dass Warmzeiten immer zu einer Blüte des Lebens und der Kulturen führten, während Kaltzeiten mit Not, Hunger und Kriegen verbunden waren,“ schreibt die A*D. Das erscheint nicht nur plausibel, es macht die Klimaerwärmung sogar wünschenswert: Wer nicht frieren will, setzt sich auf dem Balkon in die Sonne! Warum sollte das mit dem Klima anders sein!

Erzeugung von Angst:

„Das Ziel der Bundesregierung, die CO2-Emissionen faktisch auf null zu senken, […] bedroht unsere Freiheit in einem immer beängstigenderen Ausmaß.“ Das Fazit der A*D ist ergo: Nicht der Klimawandel ist bedrohlich, sondern der Kampf dagegen. Das Szenario, das sie an die Wand malt: Die Lichter gehen aus, ich habe kein Fleisch mehr auf dem Teller und kann nicht mehr mit dem Auto fahren.

Ich höre schon: “Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!”

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