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Peter Sinapius

Mir ist so rosa

Ich habe mir heute sogar rosa Tulpen gekauft. Tulpen?

„Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose ist eine Rose.“ schrieb Gertrude Stein 1913. Wie in einem Spiegelkabinett reflektiert in diesem Satz die Rose die Rose die Rose die Rose. Das ist anders, wenn ich auf eine Rose zeige und sage: “Das ist eine Rose“. Der sprachliche Begriff „Rose“ spiegelt dann nicht die tatsächliche Rose, er ist nur ihr Platzhalter. Das ist mit dem Begriff „Rosa“ nicht anders. Er eignet sich hervorragend dazu, Klischees in sich aufzunehmen, die mit der Farbe „Rosa“ nichts zu tun haben.

Der Hype um das rosafarbene Trikot der Nationalmannschaft hat mir das vor Augen geführt. Die Rechtsextremisten nutzten lediglich den Begriff Rosa, um Rollenklischees zu bedienen und den Untergang der Männlichkeit zu beschwören.

Warum soll die Farbe Rosa weiblich sein? Wer hat sich das ausgedacht?

Die Künstlerin JeongMee Yoon hat die mit Rosa und Blau verbundenen Klischees in ihrer Fotoserie “The Pink and Blue Project” aufgegriffen und gezeigt, dass mit den Farben verbundene Gender Codes zu einer geschlechtsspezifischen Sozialisierung führen. Auf Yoons Fotos sind Jungen zu sehen, die dunkle Kleidung tragen und mit Waffen und Baukästen hantieren, während Mädchen sich als Prinzessinen zurecht machen und mit Haushaltswaren und Schminke beschäftigt sind. „Die zuckersüßen, rosafarbenen Objekte, die meine Bilder von kleinen Mädchen und ihren Accessoires füllen, offenbaren einen allgegenwärtigen und kulturell manipulierten Ausdruck von ‘Weiblichkeit’ und dem Wunsch, gesehen zu werden”, sagte Yoon über ihre Fotoserie.

Es gibt evolutionsbiologische Studien, die das Gegenteil behaupten und die mit der Farbe Rosa verbundenen Gender Codes durch die „Jäger-Sammler-Theorie“ erklären: Frauen seien sensibilisiert für rote Farben, da sie in der Steinzeit für das Sammeln von Beeren zuständig waren, während die Männer zum Jagen gegangen sind.

Dominique Grisard hat diese Studien farbpsychologisch widerlegt und gezeigt, dass „die Farben Rot und Rosa dazu verwendet [werden], historisch-spezifische Phänomene als natürlich gegebene Ordnung darzustellen, allen voran die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, bei der die Frau ihrer Aufgabe als Hausfrau und Mutter nachgeht, während der Mann die Rolle des Ernährers übernimmt.“

Tatsächlich gilt die Farbe Rosa erst seit den 1950er Jahren als weibliche Farbe und ist ein Produkt unserer Konsumgesellschaft. Die Jäger-Sammler-Theorie verfestigt dagegen das Bild „einer heterosexuellen, fürsorglich-mütterlichen und passiven Frau, die sich einem Mann mit rosiger, Gesundheit anzeigender Hautfarbe hingibt, wenn sie sich nicht gerade für ihr rosiges Baby aufopfert.“

Und jetzt frage ich mich nur noch: Ist die Zukunft rosarot, weil sie weiblich ist?

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