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Peter Sinapius

Rechts-Schreibung


Mit der Rechtschreibung nehmen sie es nicht so genau, dachte ich immer bei Kommentaren von Rechtsaußen. Bis ich gemerkt habe: Es gibt einen Unterschied zwischen Rechtschreibung und Rechts-Schreibung. Wie ich darauf gekommen bin?

In meinem letzten Beitrag hatte ich mich unter der Überschrift „Alles fürs Klo“ mit dem Urteil gegen Bernd H*cke beschäftigt. Seine Strategie: Er wird auf frischer Tat ertappt, zeigt auf andere und schreit: „Haltet den Dieb!“ Und dann bezeichnet er sich als politisch verfolgt und vergleicht sich mit prominenten Justizopfern wie Sokrates und Jesus Christus. Die Geschichte des Nationalsozialismus zeichnet er in Grautönen. Er stellt sich über die Geschichte und verleiht seinen Theorien damit einen objektiven Anstrich.

Als Antwort auf meinen Beitrag habe ich von einer ehemaligen Studentin eine Nachricht erhalten, die ich nicht einordnen konnte. Inzwischen erkenne ich in ihr aber ein Beispiel für „Rechts-Schreibung“. Zunächst aber wimmelt sie von Flüchtigkeitsfehlern:

„…leider ist es antuell nicht möglich direkt und klar Tatsachen auszusprechen ohne bon der Zensur der öffentlichrechtlichen Medien verboten zu werden. Daher sind Grautöne notwendig.
Die Debatte um den angeblichen Rechtsradikalismus ist ein Ablenkungsmanöver. Schauen Sie mal, wer davon profitieren könnte… Es liegt gerade ein WHO Vertrag zur Versbschiedung (ohne Medienaufmerksamkeit… warum wohl..) auf dem Tisch, dessen Konsequenzen das Ende der Demokratie und der Unabhöngigkeit der aller EU Länder bedeutet.…“

Die Nachricht wirkte auf mich so, als sei sie im Affekt verfasst. Eine Affekthandlung zeichnet sich dadurch aus, dass der/die Handelnde sie nicht unter Kontrolle hat und in der Regel aus der Opfer-Perspektive agiert. Deswegen wird verschlüsselt kommuniziert – eben in Grautönen. Erst auf diesem Hintergrund können sich polarisierende und skandalisierende Narrative entfalten: der „angebliche Rechtsradikalismus“ als Ablenkungsmanöver und die WHO als Bedrohung der Demokratie…

Dieser Kommunikationsstil – ich nenne ihn hier „Rechts-Schreibung“ – ist ein Markenzeichen der Rechtsextremen und zeichnet sich aus durch ein spezifisches Verhältnis zwischen Erzählerin, Zuhörerin und Narrativ. Die Narrative, die genutzt werden, behaupten nicht nur etwas, sondern bieten einen „affektiven Resonanzraum“ an, in den sich die Zuhörerinnen hineinversetzen können. Er macht aus den Zuhörerinnen Betroffene und aus dem Erzähler eine Identifikationsfigur.

Wenn dieser Erzähler nicht eine ehemalige Studentin von mir, sondern H*cke ist, der die Parole „Alles für D.“ aufgreift, hat er darin das „authentische“ Volk als kollektives Subjekt untergebracht und sich selbst als Führungsfigur in Szene gesetzt.

Damit beginnt dieses Narrativ einen Resonanzraum zu eröffnen und ist in der Lange um sich selbst zu kreisen.

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